Echte Handwerkskunst und besondere Hingabe von KäserInnen zu Rohstoff, Produkt und Arbeitsweise durften wir im Juli hautnah erleben. In Baden-Württemberg besuchten wir fünf Betriebe, darunter auch Produktionsstätten in Containerbauweise.
Eine solche war Kuglers Milchtankstelle in Mengen-Rosna, wo uns ein zufriedener Klaus Kugler berichtete, dass er mittels zweier Container in kurzer Zeit zu seiner eigenen Milchverarbeitung kam, wo er Trinkmilch und Joghurt in Sorten produziert.
Nach einem Zwischenstopp bei einer Metzgerei aus gleich acht Containern, in der man glatt vergessen konnte, dass man in einem solchen besonderen Bau steht, ging es weiter zum Biohof Schelkle in Schupfenberg/Uttenweiler. Hier bot uns Annette Schelkle einen Einblick in ihre Hofkäserei. Dort verarbeitet sie immerhin die komplette Milch (160.000 Liter im Jahr) der 30 Milchkühe und 60 Milchziegen vor allem zu Weich- und Schnittkäse. Für zwei Monate im Winter wird es ein wenig ruhiger. In dieser Zeit melken Schelkles nicht. So haben die Vierbeiner „Urlaub“ und die Menschen etwas weniger zu tun. Die Familie musste vor einigen Jahren aus dem Stuttgarter Raum mit dem elterlichen Betrieb wegen dem Neubau der ICE-Trasse umsiedeln. So entstand ein neu errichteter Hof mit Käserei, die mit sehr viel Umsicht eingerichtet wurde. Besonders wichtig war Annette Schelkle dabei die Förderung der Käsereiflora: So wurden z.B. an den Wänden offenporige Natursteinfliesen verwendet. „Scharfe“ Reinigungsmittel, die nützliche Käsereibakterien schädigen könnten, kommen nur im Ausnahmefall zum Einsatz. Weich- und Schnittkäse reifen in zwei Reiferäumen direkt neben dem Produktionsraum, der durch drei Fenster einen großartigen Ausblick über die Landschaft eröffnet.
Solch ein Ausblick genießt auch das Personal in der Käserei des Lehenhofes. Diese besuchten wir am zweiten Tag unserer Exkursion. Dort führte uns Ellen Baier durch die Käserei der Camphill Dorfgemeinschaft (eine Einrichtung der Behindertenhilfe auf anthroposophischer Grundlage). Fünf Mitarbeiter verarbeiten hier einen Teil der Kuhmilch aus dem ebenfalls zur Gemeinschaft gehörenden Stall mit 55 Braunviehkühen. Wir fanden eine gut durchdachte Produktion und zahlreiche Anregungen für unser eigenes Bauprojekt. Beeindruckt waren wir von den Schatzkammern im Untergeschoß: in den Brettregalen der drei Reiferäume lagerten viele wunderschöne Laibe verschiedener Käsesorten. Die Luft schwängerte ein leicht käsiger, aber auch ammoniakhaltiger Geruch - ein Zeichen dafür, dass die Käsereifung voranschreitet, denn beim Proteinabbau entsteht unweigerlich Ammoniak.
Da tut Frischluft not und dafür hatte die letzte Käserei auf unserer Reise-Route ein tolles Konzept: hier wurden beim Erweiterungsanbau in den Hang 80 Meter Frischluftzuleitung verlegt. So schaffen es Stephan und Claudia Ryffel, die Zuluft für die Reiferäume ihrer Käserei in der Hofgemeinschaft Heggelbach ganz natürlich auf ideale Reiferaumtemperatur abzukühlen. Diese Käserei setzte das i-Tüpfelchen auf unsere kleine Bildungsreise. Erst 2020 neu eingeweiht hat sich hier der Käser mit seinem Team viele Gedanken zur Planung gemacht, als er den Erweiterungsbau an und über der bestehenden Hofkäserei plante. So gibt es nun auch eine „Sauna“ für den "Heggelbacher Felsbrocken", der stattliche 15kg schwer ist und mindestens 15 Monate reift. Im Schwitzraum bleiben die Laibe dieser Käsesorte bis zu 10 Tage bei über 20°C liegen. Das ist nicht die einzige Besonderheit für diesen Käse: dem war es nämlich im neuen Reiferaum zu feucht und so darf er weiter im alten 30 Jahre alten Käsekeller reifen, wo es mit 85 Prozent relativer Luftfeuchte trockener ist. Daneben werden aus insgesamt 290.000 Litern im Jahr vor allem leckerste Weich- und Schnittkäse hergestellt, alle mit ihren besonderen Anforderungen an die Reifebedingungen und individuelle Pflege. von Anne Wetzel
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